Entsorgung,  Gesellschaft

Silvester: Später Beitrag oder späte Folgen?

Ein Beitrag über Silvester ist nie zu spät, denn die Spuren dieser Nacht können wir noch das ganze Jahr über finden.

Leider geil. Wie so vieles auf unserer Welt ist auch das Silvesterfeuerwerk atemberaubend, aufregend, schön und leider geil, aber dessen Folgen lassen uns die Freude darüber im Halse stecken bleiben. Während in meiner Jugend noch ein paar Raketen über die Dächer flogen, so hat sich das alljährliche Ritual zu einer Ballerei der Superlative entwickelt. Selbst nach einer Stunde gingen bei uns in der Nachbarschaft immer noch Böller in die Luft auf. Die Freude, die ich noch als Kind beim Anblick dieses Rituals empfand ist längst verflogen.

Alleine das Überqueren der Straße ließ Gedanken in mir aufkommen, ob ich in dieser Nacht eher an unachtsam ausgerichteten Knallern oder doch an Rauchvergiftung sterben würde. Offensichtlich habe ich überlebt, noch. Denn die Feinstaubbelastung ist nach der Knallerei in deutschen Städten 100 mal höher als an anderen Tagen. Ein paar Stunden später wandert die Staubwolke weiter und belastet auch ländliche Regionen. Feinstaub kann die Atemwege schädigen und Herz-Kreislauf Beschwerden auslösen. Wir jammern immer über die Belastung aus Autoverkehr und Industrie. Und schon jetzt wissen wir, dass Stadtbewohner auf Grund der Verkehrsbelastung durchschnittlich kürzer leben. Wer weiß wie viel wir in der Silvesternacht dazu beitragen.

Auch die Tiere erleben diese Nacht ganz und gar nicht als zauberhaftes Ereignis. Haustierbesitzer wissen, welche Ängste sie während der Ballerei austragen. Und auch solche Menschen unter uns, die einen Krieg erlebt haben, können sich nicht nur freuen. Sie reagieren oft mit Erinnerung an Bombenhagel oder Schießerei. Ich, mit meiner behüteten Vergangenheit, kann nur schwer nachzuvollziehen, wie sich das anfühlen mag, aber angenehm kann es nicht sein.

Das was aber wirklich lange bleibt und auch noch vor dem nächsten Jahreswechsel zu finden ist,ZWL_Silvester_2015_02_1000 ist der Müll der diese Gaudi hinterlässt. Die Straßenreinigung tut ihr bestes, die Bilder einer solchen Nacht so gut es geht vor uns zu verstecken. Überall kommt sie nicht hin, die Raketen schon und die Silvesterjecken ebenfalls. Ein Neujahrsspaziergang führte uns bis ans Rheinufer, wo keine Kehrmaschine je Zugang hat. Dementsprechend auch das Bild, das uns erwartet. Da wundert sich keiner mehr über die Müllteppiche in unseren Ozeanen. Es sind fünf an der Zahl, die sich durch unsere Meeresströmung zu riesigen Strudeln in den Weltmeeren angesammelt haben.

Aber nicht nur die Leute da, die ihren Dreck nicht weg machen, sind ein Problem, sondern wir alle. Denn wo unsere Raketen am Ende landen, weiß wirklich keiner.
Unsere regelmäßige Müllsammelaktion, der Zero Waste Sonntag, führte uns nach Neujahr zum Nikolausplatz in Köln Sülz. Eine Woche nach Silvester finden wir die Pflanzbeete übersät mit bunten Partyresten. Gerade Silvesterüberraschungen machen einen derart kleinteiligen Müll, dass selbst die kleinsten Sammlerhände ihre Schwierigkeiten haben, die Pajetten- und Konfettireste zu entfernen. Und wo ist das Problem? Das Problem sind unsere Wildtiere, die diesen Müll fressen und diese Nahrungsergänzung ganz und gar nicht gut vertragen. Oder die Vögel, die vermehrt Plastik für ihren Nestbau einsetzten.ZWL_Silvester_2015_03_1000 Durch die fehlenden Dämmeigenschaften des Baumaterials, bekommen die Eier häufig nicht mehr genügend Wärme und sterben schon vor dem Schlüpfen. Alles was sich vor Freßfeinden verstecken konnte, zerfällt mit der Zeit zu Mikroplastik, das sich jetzt schon überall in unserer Umwelt finden lässt, mit gesundheitlichen Folgen, über die wir bisher nur spekulieren können.

Wir haben uns im letzten Jahr also ganz bewusst gegen Silvesterknaller entschieden und auch dem Betteln der Kinder widerstanden. Vielleicht schafft das nicht jeder, aber ein paar Knaller weniger fallen in dem Kriegsszenario unserer Großstädte an Silvester nun wirklich nicht auf. Dem Geldbeutel wird es auch gut tun. Bei dem Geld, was wir Deutschen jährlich für Silvesterfeuerwerk ausgeben, können wir uns ein Jammern über zu wenig Gehalt eigentlich nicht erlauben. Und wer auf das Knallen nicht verzichten möchte, zeigt vielleicht ein wenig Verantwortung und begibt sich nach Neujahr mal in Straßen und Parks und sammelt den Spaß wieder auf.

In dem Sinne: Frohes Neues Jahr und der nächste Zero Waste Sonntag findet am 13. März statt. Ihr seid herzlich eingeladen mit zu sammeln. Was man da so findet glaubt man erst, wenn man es selbst aufgehoben hat.

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