Was machen, ohne Dosenravioli?
Zero Waste Camping
Wir sind zurück von unserem Camping Urlaub in dem Spanischen Kletterparadies Siurana. Ein kleiner historischer Ort mit alten Steinhäusern thront auf der Spitze steiler Klippen zweieinhalb Autostunden entfernt von Barcelona. Nur ein paar hundert Meter entfernt davon liegt unser Campingplatz. Der Ort ist umgeben von riesigen Felswänden, die das Herz eines Kletterers höherschlagen lassen. Meines vor lauter Aufregung auch gerne mal etwas zu hoch.
Atemberaubende Wände
Mit Aussicht auf diesen Traumort haben wir aber nicht nur freudig unserer Ankunft entgegen gesehnt. Wir trugen auch ein ganzes Stück Unsicherheit mit uns rum. In Köln wissen wir mittlerweile ganz gut, wo wir was einkaufen können, um Verpackungsmaterial oder zumindest Plastik weitestgehend zu vermeiden. In einer vollkommen fremden Umgebung, fremder Kultur und nicht ganz beherrschter Sprache sieht die Sache aber wieder anders aus. Außerdem soll der Urlaub Erholung bedeuten und nicht in Einkaufsstress ausarten. Sollen wir uns also für den Urlaub eine Auszeit nehmen? Quasi aufgeben und sagen: Ach die Spanier interessieren sich doch nicht für die Umwelt?
Für uns ist Müllvermeidung aber nicht einfach nur eine lästige Bürde. Mittlerweile ist es für uns zu einem Lebensstil geworden. Ein schöner, naturnaher Lebensstil der sich gut anfühlt. Plastik zu vermeiden fühlt sich gut an und wegschmeißen tut weh – Ausland hin oder her.
Also haben wir diese Optionen nicht wirklich in Erwägung gezogen. Unser Standpunkt war schnell klar: Wir wollen auch auf der Reise so viel Müll vermeiden wie möglich. Auch wenn das bedeutet alte Campinggewohnheiten zu hinterfragen und neu zu denken.
Ohne meine Handlung zu hinterfragen, schmeiße ich Müllbeutel in die Kochkiste und hänge bei Ankunft direkt mal einen auf – so wie ich es bisher immer getan habe. Während ich dann aber den Müllsack mit organischen Abfällen fülle, wird mir schlagartig die Absurdität bewusst. Ich habe meine Erkenntnis direkt mit Gregor teilt, worauf hin er nur sagte: Ich wollte nichts sagen und gucken, ob du von selbst drauf kommst… Ihr seht also, wie man selbst nach anderthalb Jahren Müllentsagung immer noch auf Situationen stößt, die man noch nicht durchdacht hat. – Seit dem stellen wir beim kochen immer eine Schale auf, in der wir die Küchenabfälle sammeln und mit dem Spülgang entsorgen.
Kompostschale
Unser erster Einkauf im Dorf lässt uns etwas schlucken. Das schnuckelige Örtchen Cornudella am Fuße des Berges hat genau einen Bäcker und einen Tante-Emma Laden mit sehr beschränktem Angebot. Der erste Impuls lief darauf hinaus, alles zu kaufen, was unverpackt im Laden liegt und räumen das Gemüseregal leer. Was aber auch bedeutet, das Öl in der Plastikflasche im Laden zu lassen. Unser erstes Abendessen besteht aus Salat und gekochten Kartoffeln. Uns hat zwar nichts gefehlt, aber die Strategie für die nächsten Tage müssen wir doch nochmal überdacht. Am nächsten Tag geht es mit dem Auto in die nächste, größere Stadt und mit einem richtigen Supermarkt. Hier decken wir uns mit Nudeln und Reis in Papierverpackungen, Essig und Öl aus Glasflaschen und tonnenweise Gemüse und Obst und sogar Joghurt aus dem Glas ein um die Grundversorgung zu gewährleisten. Um den riesigen Haufen Gemüse und Obst so zu lagern, dass uns nicht die Hälfte verdirbt, muss man sich auf einem Campingurlaub ohne Kühlschrank schon etwas einfallen lassen. Einen luftigen und schattigen Ort finden wir unter diesem Baum und hängen unser Gemüseregal schlichtweg an zwei Schlingen auf.
Vorratsschrank
Ein positiver Nebeneffekt an verpackungsfreier Lebensmittelversorgung ist, dass alles frisch gekocht. Dosenravioli und fertige Nudelsoßen haben endgültig ausgedient. Dafür basteln wir die tollsten Gemüsekreationen zusammen, die man auf zwei Kochplatten mit drei winzigen Töpfen hinbekommen kann. Dazu immer einen riesigen Salat und alle sind glücklich.
Fremde Länder erfordern nicht nur etwas Anstrengung, sondern haben auch ganz klare Vorzüge. Strikte Regeln wie sie bei uns gepflegt werden, gibt es oft nicht, was uns ganz neue Möglichkeiten eröffnet. So wird der Tante-Emma-Laden zu unserem verpackungsfreien Käselieferanten. Der äußerst entspannte Besitzer denkt nicht mal im Ansatz darüber nach unsere Tupperdose zu verschmähen und auch der Bäcker legte uns die leckeren Schweinereien für Zwischendurch direkt auf das wiederverwendbare Brotpapier.
Auf die HandDafür müssen wir im Gegenzug auch einiges Unangenehmes ertragen. Der hauptsächlich organische Müll aus unserer Müllschale landet am Ende doch im Müllsack, zusammen mit Papier, Plastik, Glas und vielleicht sogar leeren Batterien. Das Klopapier wird im Müllsack neben der Toilette gesammelt. Bei jedem Druck auf den Wasserhahn laufen 1,5 Liter Wasser ungebremst in den Ausguss, auch wenn man nur seine Zahnbürste benetzten will und das Licht in den Waschräumen brennt die ganze Nacht, weil sich keiner beim Verlassen des Raumes für den Lichtschalter verantwortlich fühlt.
Wasser ohne Pause
Im Großen und Ganzen ist unser Urlaub aber erstaunlich Müll- und Verschwendungsfrei verlaufen. Wir sind sehr zufrieden mit uns und kommen mit dem Fazit nach Hause: Es geht also doch ganz gut!
12 Kommentare
Monika Hoppstädter
Hallo Olga, nach der „Campingabteilung“ hab ich lange gesucht. Wir sind im Moment, wie jeden Winter, mit dem Wohnmobil in Spanien unterwegs. Inzwischen hab ich es als „Bio-Tante“ inzwischen geschafft, Bioläden zwischen Barcelona und Valencia zu finden, die allerdings nicht immer mit dem Womo gut zu erreichen sind. In der Zwischenzeit muss der „Carrefour“ herhalten. Allerdings ist das Gemüse und Obst in Bioqualität dort immer verpackt. Wie handhabt ihr das oder auch Andere? Lieber konventionell einkaufen, was mir sehr schwer fallen würde, oder Verpackung akzeptieren und, soweit möglich, sortieren und in die Container geben? Plastik, Glas und Papier geht meistens. Leider gibt es ja kein Pfandsystem, was für uns Deutsche schwer zu verstehen ist…
Sehr lustig fand ich deinen Bericht über die grosse Mülltonne, in der der Kompost landet, weil ich heute beim Spülen des Geschirrs genau vor so einer Tonne stand und meinen Kompost dort hinein getan hab…!
Nun ja, dennoch versuchen wir auch auf Reise so wenig Müll wie möglich zu produzieren!
Sonnige Grüße aus Barcelona
Monika
Olga
Liebe Monika,
Winter in Spanien hätte ich auch nichts gegen;-)
Ich würde sagen lieber Bio als unverpackt. In Konventionellen Produkten steckt weit mehr Erdöl drin (in Form von Düngemitteln und Pestiziden), da kann die Plastikverpackung nicht mithalten. Das mag sich nicht befriedigend anfühlen, ist aber dennoch die bessere Wahl – wenn man wählen muss.
Sandra
Hallo Olga, danke für soviel Inspiration! Was meinst Du, ist es sinnvoll die unzähligen Papiere der Küchenrolle, in einem Haushalt mit Kindern, durch Stoffservietten zu ersetzen? Schliesslich müssen die unzählige male und sehr oft in der Waschmaschine gewaschen werden?
Olga
Es ist definitiv sinnvoll. Produktion, Verpackung, Transport und Entsorgung der unzähligen Papiere benötigt viel mehr Energie und Wasser als das Waschen. Diese Punkte werden gerne bei Vergleichen vergessen.
dorothea
Ich mache das seit über einem Jahr schon so, ich habe mein riesiges stofftaschentuchreservoir sortiert. hässliche alte taschentücher (mit flecken..) ersetzen küchenpapier und staublappen, hübschere benutze ich zum naseputzen und stelle wenn ich gäste zum essen habe immer ein körbchen mit denen als servietten auf den tisch. es hat sich noch keiner beschwert. 🙂
papas alte riesenherrentaschentücher aus den siebziger jahren (eins hat sogar noch ein gesticktes monogramm) dienen mir als butterbrotpapier, mein freund wickelt seine brote da auch schon ein. super praktisch und passen für spontane süsse sünden in jede handtasche. 🙂
Olga
Danke für die tollen Ideen.
Ich nehme vor allem die Taschentücher für Gäste Idee mit 🙂 Finde ich super
Ellen Spiegel
Wir haben in unseren Campingurlauben diese Verschwendung von Wasser (von wegen 1x gedrückt, 1,5l Wasser) vermieden, in dem wir einfach das Wasser abgefüllt haben und zum befeuchten der Zahnbürste und überhaupt zum besseren Dosieren die abgefüllten Reservoire genutzt. Tja, das mit dem Licht ist so eine Sache. Hat eher mit der Campingleitung zu tun, ist meine Erfahrung. Die meinsten Campingplätze haben deshalb auch Bewegungsmelder…
Was wäre die Alternative zu dem Mixrestmüll? Man könnte den Kompost in der Erde im Wald verbuddeln oder, wenn es nur frische Gemüseabfälle sind, sie unter einen Busch im Wald verteilen, die Tiere freuen sich meist. Wir haben eine Zeit lang wild gecampt (nur in erlaubten Ländern ;-)), da kamen wir ohne Müll aus. Abwasser war ohne Spülmittel, Dusch- und Waschwasser auch, Kloangelegenheiten wurden in der Erde verbuddelt, Essensreste gab es nicht, Bioabfälle wurden für Nager und Vögel verteilt. Altglas gesammelt. Das war sehr schön.
Olga Kroll
Das ist das wirklich tolle an so einem Rückstandsfreien Leben. Gerade im Urlaub merken wir das auch immer wieder. Wir hinterlassen einfach nichts, was man nicht einfach in die Landschaft schmeißen kann. Die Sache mit dem Auto haben aber auch wir leider noch nicht gelöst. 🙁
Ellen Spiegel
Bei sehr feuchten saftigen Broten nehme ich auch Blechdosen, ansonsten verwende ich Pergamentpapier x-fach. Das lässt sich vor meinem Gewissen vereinbaren.
si
Woraus machst du das wiederverwendbare Brotpapier? Einfach nur aus Stoff?
Für trockene Sachen, wie Brötchen ohne Belag, habe ich Stoffsäckchen genäht. Das spart die Papiertüte.
[img]http://up.picr.de/21018813ai.jpg[/img]
Olga
Ich habe hier eine Folie eingenäht. Diese ist aber aus Plastik, weshalb ich sie gar nicht erst weiterempfehlen möchte. Eine reine Stoffserviette würde es in dem Fall genauso gut tun. Wenn wir einfaches Brot kaufen, machen wir es wie du im Stoffsack, für die Pausenbrote, geht die klassische wiederverschließbare Dose super oder was ich neuerdings auf einem meine Blog-Kollegen gelesen habe: Papier mit Wachs abdichten. Ich habe es noch nicht probiert, aber es steht ganz oben auf der Liste.
si
Da habe ich noch keine richige Lösung gefunden. Wachstuch ist 100% PVC auf Vlies aus 100% Polyester. Also Kunststoff komplett.
Sonst nehme ich Blechdosen fürs Brot. Ist nur manchmal etwas sperrig.