Meditieren ohne Rückenschmerzen
Ich versuche seit viele Jahren eine Meditationsroutine zu bekommen. Es ist
bisher an vielen Dingen gescheitert. Zum Beispiel auch daran, dass ich immer
Rückenschmerzen bekomme, wenn ich dasitze und versuche nicht daran zu denken,
dass das so ist.
Nun habe ich einen neuen Versuch gestartet und mich sehr spontan und
unüberlegt zu einem 8-wöchigen MBSR Kurs angemeldet, ohne genau zu wissen, was
das eigentlich bedeutet. Als nach dem ersten Abend die Hausaufgaben kamen wurde
mir klar. Du gehst hier nicht einfach einmal die Woche hin. Nein, du machst das
jetzt jeden Tag – 1 Stunde. Manchmal braucht man ja auch diese gesunde
Naivität. Wer weiß, ob ich mich sonst angemeldet hätte 🙂
Die Versprechungen sind enorm. Bei einer regelmäßigen Praxis soll sich der
Schlaf verbessern, die allgemeine Gesundheit, die Laune und der Stress im
Alltag massiv reduziert werden. Stress ist bzw. kann wesentlich
mitverantwortlich sein, für die meisten Zivilisationskrankheiten. Und da ich
mich gerade intensiv damit beschäftige, solche Krankheiten loszuwerden oder gar
nicht erst zu bekommen, komme ich an der Stressreduktion einfach nicht vorbei.
Dabei geht es auch nicht darum nur noch auf der Veranda zu chillen. Sondern zu
lernen sich von Alltag, den Anforderungen und den Begegnungen nicht dauerhaft
auf einem hohen Stressniveau halten zu lassen. Das ich unterschwellig gestresst
bin, merke ich zum Beispiel immer erst dann, wenn ich aus heiterem Himmel
richtig ausraste.
Der Kurs hat mittlerweile die Halbzeit überschritten und ich merke spannende
Veränderungen. Während es in den ersten Wochen durchaus auch Stress ausgelöst
hat die Hausaufgaben in den Tag zu integrieren, freue ich mich mittlerweile
richtig über diese kleine Auszeit. Während es mich anfangs wahnsinnig machte
mich im Body Scan darauf zu konzentrieren, wie sich meine Zehen berühren
beeindruckt es mich gerade, wie bewusst ich meinen Körper spüren kann. Außerdem
kann ich wunderbar dabei einschlafen. Während ich bei der ersten 40-Minütigen
Sitzmeditation noch vor Rückenschmerzen kaum klarkam, sind Schmerzen gerade nur
minimal und nur zeitweise spürbar.
Das Beste ist aber, dass ich den Alltag mit anderen Augen sehe. Ich kann die
geballte Schönheit von Dingen wahrnehmen, die mir vorher nicht mal auffielen.
Wie die täglichen Fahrten durch die Blätterdächer vom Beethovenpark zum
Kindergarten. Ich kann Prozesse mehr genießen. Bzw. wahrnehmen, wenn ich das
nicht tue und gedanklich schon beim nächsten Prozess bin. Die langweiligsten
Alltagshandlungen machen mehr Freude, wenn ich ganz da bin und nicht schon halb
woanders.
Mein Mann hat schon vor dem ersten Kurstermin die Sorge geäußert, dass ich
dann erleuchtet bin. Falls ihr gerade die gleiche Sorge bekommt (Warum auch
immer :-P). Ich bin weit entfernt von jeder Erleuchtung. Lediglich ein bisschen
weniger weit als noch vor 6 Wochen und es fühlt sich schön an.
Viele Menschen inklusive mir früher glauben sie dürften bei der Meditation
nicht denken und wenn sie es doch täten, wäre die Meditation nicht erfolgreich.
Klar geht es darum den unkontrollierten Gedankenlärm eine Zeitlang herunter zu regeln.
Deine Meditation ist aber nicht erst erfolgreich, wenn dir kein Gedanke kommt,
sondern sobald du dir die Zeit nimmst, nur mit dir und deinem Körper zu sein.
So ist Bestandteil der Sitzmeditation die wir gerade im Kurs machen, ganz
bewusst erst die Geräusche wahrzunehmen, dann die Gefühle und letztlich auch
die Gedanken. Es geht um das Bewusste dabei. Sich nicht mit einem der drei Gs
zu identifizieren. Sich nicht für Gedanken und Gefühle, die gerade kommen abzustrafen,
sondern sie mit milder Weichheit sich selbst gegenüber als das zu nehmen was
sie sind. Gedanken und Gefühle. Und sie dann wieder ziehen zu lassen.
Auch den Fokus auf die Geräusche finde ich spannend. Wie oft habe ich
versucht einen möglichst ruhigen Ort für eine Meditation zu finden und mich
innerlich aufwühlen lassen, wenn die Ruhe durchbrochen wurde. Es ist ein ganz
anderer Umgang kommende Geräusche zur Kenntnis zu nehmen ohne daraus Gedanken
oder Gefühle aufkeimen zu lassen. Sie stören dann nicht mehr, sie sind einfach
da.
Aber was hat mir jetzt eigentlich geholfen, dass ich keine Rückenschmerzen
mehr habe? Bei mir war es schlichtweg die Haltung. Po etwas höher als die Knie,
so dass der Rücken gerade aus dem Becken heraussteht. Aber das wichtigste:
Früher dachte ich immer, diese Haltung müsste maximal entspannend sein und
loslassen wäre das Ziel. Nun bewahre ich Körperspannung. Mein Rücken ist
aktiviert und lang. Teilweise sogar mein Bauch, weil er den Oberkörper
natürlich mit stützt. Wann immer die Schmerzen kommen justiere ich meine
Haltung, gebe wieder etwas mehr Spannung hinein. Denn, und das hat mir der Kurs
auch gelehrt, bei der Meditation geht es nicht um Entspannung. Durch
regelmäßiges Meditieren folgt eine Grundentspannung, die man den ganzen Tag mit
sich trägt. Aber das Meditieren an sich ist keine Entspannungsübung, sondern
eine Übung das anzunehmen was ist, es nicht zu bewerten, und wenn es nicht
gebraucht wird es gehen zu lassen. Diese Haltung dann in den Alltag zu
übertragen ist Kür.
Ihr merkt, ich bin begeistert von meinem Kurs und kann ihn uneingeschränkt
empfehlen. Deshalb verlinke ich hier gerne meinen Kursanbieter. Wer nicht
gerade um die Ecke wohnt, findet solche Kurse aber wirklich überall, im
Zweifelsfall mittlerweile bestimmt auch online.
2 Kommentare
Frieda
Hallo Olga,
ich hab deinen Artikel bereits im Sommer gelesen, kann ihn jetzt, da ich anfange, mir eine eigene Meditationsroutine aufzubauen, erst so richtig schätzen. Das mit der Körperspannung werde ich auf jeden Fall ausprobieren, ein kleines Kissen unter dem Po hilft mir auch schon sehr. Mich würde interessieren, wie es dir einige Monate nach dem Kurs geht? Schaffst du es weiter, regelmäßig zu meditieren? Bleibst du bei einer Stunde oder nutzt du inzwischen kürzere Zeitfenster? Vielleicht hast du Lust, darüber nochmal zu schreiben, mich würde das sehr interessieren.
Und wenn ich schon mal hier kommentiere, möchte ich auch nochmal loswerden, dass dein Blog immer wieder eine große Inspiration ist. Ich lese viele Artikel alle paar Monate immer wieder, um neue Inspiration zu finden und kann immer wieder andere Tipps und Gedanken daraus mitnehmen. Vielen Dank!
Viele Grüße,
Frieda
Olga
Liebe Frieda,
danke für deine Nachricht. Ich freue mich, dass ich dich inspirieren kann. Zu deinen Fragen:
Eine Stunde habe ich nie meditiert. Es heißt lieber kurz und dafür regelmäßig. Ich versuche es in der Regel eine halbe Stunde. Ich bin auch jetzt noch an dem Thema dran, es ist bei mir jedoch phasenweise sehr unterschiedlich. Da meine Arbeitszeiten so unterschiedlich sind komme ich nicht gut in so eine dauerhafte Routine rein. Und zum anderen experimentiere ich gerade viel mit anderen Meditationstechniken, wie Khundalinischütteln und Chakrabreathing. Da kommt das Sitzen auch etwas kürzer. Ich glaube das ist aber nicht entscheidend, hauptsache man macht irgendwas.