Rumänien – Das Schlaraffenland
Das Land in dem einem die gebratenen Hähnchen in den Mund fliegen…
Nicht ganz so, aber Rumänien erinnert trotzdem ans Schlaraffenland. Überall fällt einem reifes Obst auf den Kopf und bettelt darum gepflückt und verspeist zu werden. Es ist kein Witz. Was in deutschen Städten zu einem jahrzehntelangen bürokratischen Akt verkommt, ist in Rumänien Realität. Dort gibt es nicht nur die essbare Stadt und das essbare Dorf, sondern alles dazwischen ist ebenfalls essbar. Pflaumen- Apfel-, Birn- und Walnussbäume säumen die Straßenränder alleeartig. Wir fanden prallgefüllte honigsüße Pflaumenbäume, die so voll waren, dass selbst die rumänische Pflaumenschnapsproduktion nicht mehr nachkam. Also haben wir uns kräftig bedient und erfanden die kreativsten Pflaumengerichte mit dem unbegrenzt verfügbaren Schatz.
Nicht alles an unserer Hochzeitsreise
war so erfreulich wie der gedeckte Tisch. Wem Müll ein Dorn im Auge ist, der wird in Rumänien auf eine harte Probe gestellt. Ich kannte solche Bilder schon aus Asien. Gregor allerdings war noch nie in einem Land unterwegs, das größere Probleme, hat als seine Müllmengen gut zu verstecken. Rumänen machen genau wie Asiaten nicht mehr Müll als wir, sie verstecken ihn nur nicht so gut. Und so ist jeder Ort, an dem ein Rumäne ein Picknick ausgepackt hat, ein Müllhaufen. Und Rumänen machen gerne Picknick. Selbst die höchsten Berge sind gespickt mit Schokoriegelpapieren. Die ein oder andere Träne konnten wir nicht zurückhalten.
Verpackungsfrei Einkaufen
Sehr schade, denn der verpackungsfreie Einkauf ist in Rumänien gut möglich. Straßenmärkte gibt es überall und viele Privatleute bieten Obst, Gemüse, Schnaps, Käse und Wurst aus der eigenen Produktion an der Straße an. Während mörderische Überholmanöver besser ausgebaute Straßen eher zum Stressfaktor machen, so sind die Nebenstraßen häufig Einkaufsparadise. Die Käselaiber haben eine überschaubare Größe, so dass man gleich den ganzen Laib nehmen kann und eine Verpackung wirklich nicht braucht. Der hausgemachte Schnaps wird in alte Plastikflaschen gefüllt und der Knoblauch, kunstvoll an sich selbst verflochten, aufgehängt. Auch Trinkwasser stellte kein Problem dar, ob der vielen öffentlichen Trinkwasserquellen. Wenn man keine findet, lohnt es sich, irgendjemanden nach Wasser zu fragen und man wird nicht lange durstig sein. Denn eines sind die Rumänen auf jeden Fall, nämlich gastfreundschaftlich.
Unsere tollste Errungenschaft waren aber zwei Hähnchenkeulen, lose aus der Tiefkühltruhe eines Restaurants, bei dem wir uns bis zu letzt nicht sicher waren, ob es nicht doch nur ein privates Wohnzimmer einer gastfreundlichen Rumänin ist. Unsere Verpackung: Tupperdose ohne Deckel mit Stoffsäckchen überzogen. Das reichte vollkommen aus zum Transport an unser Nachtlager bis zur Platzierung auf dem Grillrost.
Klassisch Rumänisch
In Supermärkten haben wir uns deshalb nur selten rumgetrieben. Aber eine Entdeckung aus einem solchen möchte ich euch nicht vorenthalten. Es klingt banal, ist in Deutschland aber mittlerweile undenkbar. Ungechlortes Toilettenpapier, nur in Papier verpackt, ganz ohne Plastik und dazu auch noch platzsparen, ganz ohne Kern.
Das Pfandsystem wiederum ist sonderbar. Getränke sind in der Regel in Einwegflaschen aus Plastik. Bier dagegen gibt es auch in Mehrweg-Glasflaschen. Allerdings geben die Geschäfte ihre Flaschen nur dann heraus, wenn man zufällig ein paar leere Flaschen dabei hat oder ihnen glaubhaft vermitteln kann, wiederzukommen, um die leeren Flaschen zurückzubringen. Lediglich den Pfandwert draufzuzahlen ist dort kein bekanntes Konzept – wir konnten nicht herausfinden, warum. Gut, dass das Vertrauen der Rumänen ist so groß, dass wir unser Feierabendbierchen immer bekamen.
Zero Waste Fazit und mehr
Erwartungsgemäß bekommen wir in Rumänien viel mehr Lebensmittel unverpackt, als es bei uns zu Hause möglich ist. Vorstellungen von hygienischen Bedingungen sind weniger überzogen und niemand hat Bedenken dabei, unsere Tupperdose anzufassen. Mit etwas Nachdruck können wir auch leicht auf alle angebotenen Plastiktüten verzichten, denn die Rumänen sind nicht dumm. Sie verstehen es, wenn man ihnen deutlich macht, dass es um Plastikvermeidung geht. Und wir werden auch nicht müde dies zu betonen. Ganz im Gegenteil merken wir immer mehr, dass wir nicht nur die kostenlosen „Plastikgeschenke“ abweisen sollten, egal von wem, sondern dass wir auch immer erklären sollten warum. Wir neigen dazu zu glauben, dass der Rumäne oder der Asiat an sich, sich nicht um seine Umwelt schert. Vielleicht weiß er es aber auch einfach nicht besser. Genauso wie der Großteil der Bevölkerung in Deutschland immer noch nicht weiß, dass es eine Alternative zu Tampons gibt. Das macht ihn aber nicht gleich dumm oder ignorant. Wir glauben an das Positive in ihm und in allen, die noch Tampons benutzten und wollen ab jetzt immer erklären, wenn wir etwas ablehnen.
Und passend dazu haben wir auch endlich auf unserem Auto markiert, was Sache ist, auf dass es jeder lesen kann. ( Wir wissen, dass wir hier Kunststoffmüll produziert haben. Aber lieber ein Plastikschriftzug auf dem Auto, als für immer Tempotaschentücher in unserer Welt!!)